Was können wir heute anders machen?
In meiner Bubble als Mama und Pädagogin, denke ich oft darüber nach, welche Regeln in Schulen und Kitas wirklich sinnvoll sind und welche wir vielleicht überdenken sollten. Regeln wie‚ Mütze ab im Unterricht oder‚ Jacke aus im Klassenzimmer kennen wir alle.
Aber mal ehrlich: Sind diese Regeln heute noch sinnvoll? Und was würde passieren, wenn wir sie lockern oder sogar streichen? Ich möchte heute mit euch darüber sprechen, wie wir durch weniger Regeln, mehr Respekt und gute Kommunikation eine bessere Lernatmosphäre schaffen können.
Warum gibt es diese Regeln überhaupt?
Viele Regeln in Bildungseinrichtungen haben historische Gründe. Sie sollen Ordnung schaffen, Respekt zeigen oder einfach praktisch sein. Zum Beispiel: Die Jacke auszuziehen, soll verhindern, dass die Kinder schwitzen oder sich unwohl fühlen. Die Mütze abzunehmen, gilt oft als Zeichen von Höflichkeit und Respekt gegenüber den Lehrkräften.
Aber mal ehrlich: Sind diese Regeln heute noch zeitgemäß? Die Kinder und Jugendlichen haben eigene Bedürfnisse und Empfindungen. Vielleicht ist einem Kind kalt oder hat andere für ihn/sie wichtige Gründe und möchte die Jacke anbehalten. Oder es fühlt sich mit der Mütze auf dem Kopf einfach wohler. Wer kennt ihn nicht, den berüchtigten „Bad Hair Day“? Wenn wir darauf bestehen, dass alle Regeln strikt befolgt werden, riskieren wir, dass sich Kinder unverstanden und übergangen fühlen.
Weniger Regeln, mehr Vertrauen und Respekt
Statt starr an alten Regeln festzuhalten, könnten wir uns fragen: Was wollen wir eigentlich erreichen? Geht es darum, dass sich alle wohlfühlen? Dass Respekt und Höflichkeit gelebt werden? Dann sollten wir vielleicht andere Wege gehen.
Regeln sind oft ein Ersatz für fehlende Beziehungen. Wenn wir Zeit und Energie in den Aufbau von Beziehungen investieren, brauchen wir vielleicht weniger Regeln. Ein Kind, das sich verstanden und respektiert fühlt, ist viel eher bereit, Rücksicht zu nehmen, nicht, weil es muss, sondern weil es will.
Statt zu schimpfen, wenn ein Kind oder Jugendlicher die Mütze nicht abnimmt, könnten wir fragen: „Warum möchtest du die Mütze aufbehalten?“ Vielleicht gibt es einen guten Grund, den wir einfach nicht kennen. Indem wir zuhören und nachfragen, zeigen wir Respekt und schaffen Vertrauen.
Beziehungsarbeit bedeutet auch, dass wir als Erwachsene Vorbilder sind. Wenn wir respektvoll und einfühlsam mit den Kindern umgehen, lernen sie, dass Respekt und Höflichkeit keine leeren Floskeln sind, sondern echte Werte, die das Miteinander bereichern.
Ein Beispiel: Statt zu sagen: „Mütze ab, das ist die Regel!“, könnten wir sagen: „Ich verstehe, dass dir die Mütze wichtig ist. Vielleicht können wir gemeinsam überlegen, wann es okay ist, sie aufzubehalten, und wann es besser ist, sie abzunehmen.“ So fühlt sich das Kind ernst genommen und ist eher bereit, Kompromisse einzugehen.
Ein weiteres Beispiel ist die Forderung, dass Kinder und Jugendliche eine Federtasche besitzen und benutzen müssen. Das Thema hab ich ja schon im allerersten Beitrag angesprochen. Auf den ersten Blick scheint das sinnvoll, es soll sicherstellen, dass alle ihre Stifte und Materialien griffbereit haben. Doch was, wenn ein Kind und Jugendliche lieber einzelne Stifte in der Tasche trägt oder aus finanziellen Gründen keine vollständige Federtasche besitzt? Statt strikt auf der Einhaltung dieser Forderung zu bestehen, könnten wir fragen: Was ist das Ziel? Geht es darum, dass die Kinder ihre Materialien organisieren können? Dann gibt es vielleicht auch andere Wege, dies zu erreichen.
Durch diesen Ansatz sparen wir nicht nur Energie, die sonst in Machtkämpfe fließen würde, sondern wir stärken auch das Selbstbewusstsein der Kinder. Sie lernen, dass ihre Meinung zählt und dass sie mit ihren Bedürfnissen ernst genommen werden. Das schafft eine positive Atmosphäre, in der Lernen und Wachsen gelingen kann.
Letztlich geht es darum, eine Kultur des Vertrauens und des Miteinanders zu schaffen, eine Kultur, in der Regeln nicht als Zwang, sondern als gemeinsame Vereinbarungen verstanden werden. Das ist vielleicht anstrengender am Anfang, aber auf lange Sicht lohnt es sich. Denn was wir investieren, bekommen wir zurück: in Form von Respekt, Vertrauen und einer harmonischen Gemeinschaft.
Wie können wir den Wandel gestalten?
Der Gedanke, Regeln zu lockern oder zu streichen, mag für einige erst einmal ungewohnt oder sogar beunruhigend klingen. Schließlich sind Regeln oft ein fester Bestandteil unseres Alltags, sie geben Struktur und Sicherheit. Doch wenn wir uns fragen, was wirklich wichtig ist, kommen wir vielleicht zu dem Schluss, dass weniger manchmal mehr ist. Veränderungen müssen nicht von heute auf morgen passieren. Wir können klein anfangen: Vielleicht fragen wir die Kinder, welche Regeln sie sinnvoll finden und welche sie stören. Oder wir probieren aus, eine Regel für eine Woche auszusetzen und beobachten, was passiert.
Ein spannendes Beispiel ist das „Kritzeln“ im Unterricht. Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche, die während des Zuhörens kritzeln, oft fokussierter und aufmerksamer sind. Statt dies zu verbieten, könnten wir es als akzeptierte Lernstrategie anerkennen. So schaffen wir nicht nur mehr Vertrauen, sondern ermöglichen den Kindern auch, ihren eigenen Lernstil zu entwickeln.
Gemeinsam Regeln entwickeln
Regeln, die von allen mitgestaltet werden, haben eine viel höhere Akzeptanz. Warum also nicht die Kinder und Jugendlichen in die Entwicklung von Regeln einbeziehen? Gemeinsam können wir überlegen, welche Regeln wirklich wichtig sind und warum. So entsteht ein Gefühl von Gemeinschaft und Verantwortung.
Wenn wir weniger regeln, müssen wir mehr kommunizieren. Das bedeutet, dass wir uns Zeit nehmen müssen, um zuzuhören und zu verstehen. Warum möchte ein Kind oder Jugendlicher die Mütze aufbehalten? Warum fühlt sich ein anderes ohne Jacke unwohl? Indem wir empathisch sind, zeigen wir ihnen, dass ihre Gefühle und Bedürfnisse wichtig sind.
Weniger ist manchmal mehr
Regeln sind wichtig, aber sie sind nicht das einzige Mittel, um Respekt und Ordnung zu schaffen. Wenn wir weniger regeln und mehr auf Beziehungen, Kommunikation und Flexibilität setzen, können wir eine Atmosphäre schaffen, in der sich alle wohlfühlen.
Als Mama und Pädagogin bin ich überzeugt, dass wir durch diesen Wandel nicht nur Energie sparen, sondern auch das Vertrauen und den Respekt der Kinder und Jugendlichen gewinnen. Wir können ihnen zeigen, dass sie ernst genommen werden und dass wir gemeinsam Lösungen finden können, die für alle passen.
Ich lade euch ein, diesen Gedanken weiterzudenken. Welche Regeln in eurem Alltag könnt ihr überdenken? Wie könnt ihr mehr auf Beziehungen und Kommunikation setzen? Lasst uns gemeinsam einen Weg finden, der Respekt, Vertrauen und Freude in den Mittelpunkt stellt.
Ich freue mich auf eure Gedanken und Erfahrungen, lasst uns ins Gespräch kommen!
EchtUnpefekt 🙂
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